Berichterstattungspflichtige Schweizer Unternehmen mussten sich erstmals für das Geschäftsjahr 2023 intensiv mit der nichtfinanziellen Berichterstattung auseinandersetzen. Es zeichnet sich dabei bereits heute ab, dass sich die gesetzlichen Vorgaben in diesem Bereich in den kommenden Jahren noch verschärfen werden.

Erstmals für das Geschäftsjahr 2023 mussten bzw. müssen Unternehmen der nichtfinanziellen Berichterstattungspflicht gemäss Art. 964a ff. OR nachkommen. Durch diesen Bericht legt ein Unternehmen Rechenschaft in den Bereichen Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance) (kurz «ESG») ab.

Berichterstattungspflichtige Unternehmen sind dabei gut beraten, sich frühzeitig mit den sich stetig weiterentwickelnden Anforderungen an die nichtfinanzielle Berichterstattung auseinanderzusetzen, um sowohl ihren Anspruchsgruppen als auch den gesetzlichen Vorgaben in den verschiedenen Jurisdiktionen, in welchen sie tätig sind, gerecht zu werden.

Ausgangslage in der Schweiz

Nach Ablehnung der Konzernverantwortungsinitiative am 29. November 2020 trat am 1. Januar 2022 der indirekte Gegenvorschlag mit den Gesetzesbestimmungen zur nichtfinanziellen Berichterstattung (Art. 964a ff. OR) sowie zu den Sorgfalts- und Transparenzvorschriften in den Bereichen Konfliktmineralien und Kinderarbeit (Art. 964j ff. OR) in Kraft. Die Vorschriften betreffend die nichtfinanzielle Berichterstattung in der Schweiz wurden an die unterdessen in der Europäischen Union bereits wieder überholte EU-Richtlinie 2014/95 angelehnt.

Regelung in der EU

Die EU-Richtlinie 2022/2464 (die sogenannte Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz «CSRD») ist am 5. Januar 2023 in der EU in Kraft getreten und muss bis Mitte 2024 von den EU-Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Berichterstattungspflichtige Unternehmen in der EU müssen sich damit bereits für das Geschäftsjahr 2024 mit der Berichterstattungspflicht nach der CSRD auseinandersetzen. Mit der CSRD soll unter anderem sichergestellt werden, dass den Nachhaltigkeitsinformationen derselbe Stellenwert eingeräumt wird, wie den Finanzinformationen der Unternehmen. Der Kreis der berichterstattungspflichtigen Unternehmen wird dabei sukzessive erweitert, bis dann schliesslich ab dem Geschäftsjahr 2028 auch Unternehmen aus Drittstaaten unter der CSRD berichterstattungspflichtig werden können (siehe hierzu nachfolgend).

Die konkreten Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichte werden in den sogenannten European Sustainability Reporting Standards (kurz «ESRS») festgehalten. Diese müssen von den Unternehmen bei der Erstellung ihrer Nachhaltigkeitsberichte grundsätzlich berücksichtigt werden1. Aktuell bestehen zwölf solche Berichtsstandards. Zusätzlich zu diesen Berichtsstandards, die sich an alle Unternehmen im Anwendungsbereich der CSRD richten, sollen zukünftig auch sektorspezifische Berichtsstandards eingeführt werden.

Aktueller Stand der Regelung in der Schweiz

Gesetzliche Grundlage

Die nichtfinanzielle Berichterstattung in der Schweiz wird in den Art. 964a OR, Art. 964b OR sowie Art. 964c OR geregelt.

Berichterstattungspflichtige Unternehmen in der Schweiz

Gemäss Art. 964a Abs. 1 OR sind Unternehmen in der Schweiz berichterstattungspflichtig, sofern sie

  1. Gesellschaften des öffentlichen Interessens sind (was insbesondere auf börsenkotierte Unternehmen, auf von der FINMA beaufsichtigte Finanzdienstleister sowie auf Unternehmen, die Anleihensobligationen ausstehen haben, zutrifft); und
  2. zusammen mit den von ihnen kontrollierten in- oder ausländischen Unternehmen, in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren mindestens 500 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt haben; und
  3. zusammen mit den von ihnen kontrollierten in- oder ausländischen Unternehmen, mindestens eine der nachstehenden Grössen in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren überschreiten:
    1. Bilanzsumme von 20 Millionen Franken; oder
    2. Umsatzerlös von 40 Millionen Franken.

Es gilt dabei anzumerken, dass bereits Bestrebungen im Gange sind, die unter 2) aufgeführten Vollzeitstellen von 500 auf 250 zu reduzieren.

Von der Pflicht zur Berichterstattung befreit sind solche Unternehmen gemäss Art. 964a Abs. 2 OR nur dann, wenn sie von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden, auf welches Art. 964a Abs. 1 OR bereits anwendbar ist oder welches einen gleichwertigen Bericht nach ausländischem Recht erstellen muss.

Zweck sowie Inhalt des Berichts

Gemäss Art. 964b Abs.1 OR soll der Bericht über folgende nichtfinanzielle Belange Rechenschaft ablegen: (i) Umweltbelange (insbesondere CO2-Ziele), (ii) Sozialbelange, (iii) Arbeitnehmerbelange, (iv) Achtung der Menschenrechte sowie (v) Bekämpfung der Korruption. Dabei muss der Bericht diejenigen Angaben enthalten, welche zum Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses, der Lage des Unternehmens sowie der Auswirkungen seiner Tätigkeit auf diese vorerwähnten nichtfinanziellen Belange erforderlich sind.

Bei der nichtfinanziellen Berichterstattungspflicht gilt es unseres Erachtens ebenfalls stets das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit zu beachten. Es ist daher nicht nur darzustellen, wie sich die Nachhaltigkeitsthemen (finanziell) auf die unternehmerische Tätigkeit auswirken, sondern auch, wie sich das unternehmerische Handeln auf die Umwelt, die Gesellschaft etc. auswirkt.

Die folgende Übersicht kann Schweizer Gesellschaften sodann als erster Anhaltspunkt bzw. als Auslegungshilfe zu den zu rapportierenden Themenbereichen im Bericht über die nichtfinanziellen Belange dienen. Es gilt in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass sich der Bericht gemäss Art. 964b Abs. 3 OR inhaltlich auf nationale, europäische oder internationale Regelwerke stützen kann, wobei das jeweils angewandte Regelwerk im Bericht zu nennen ist. Beispiele für solche Regelwerke sind die Leitsätze der OECD oder die Standards der Global Reporting Initiative (kurz «GRI»)2. Da abhängig vom gewählten Regelwerk die einzelnen Aspekte in unterschiedlicher Tiefe abgehandelt werden, ist dennoch stets zu prüfen und sicherzustellen, dass alle Vorgaben gemäss Art. 964b OR erfüllt werden.

(i) Umweltbelange

Der Begriff «Umwelt» in Art. 964b OR wird weit ausgelegt. Berichterstattungspflichtig sind Gesellschaften demnach unter anderem bezüglich ihres Wasserverbrauchs, der Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit auf die Biodiversität, ihrer Ressourcennutzung, ihrer Nutzung erneuerbarer Energien etc. Als Leitfaden für die Berichterstattung zu Umweltbelangen können sich Gesellschaften grundsätzlich an der CSRD bzw. an den ESRS orientieren.

Ab dem Geschäftsjahr 2024 müssen Schweizer Gesellschaften ebenfalls die per 1. Januar 2024 in Kraft getretene Verordnung über die Berichterstattung über Klimabelange (kurz «Klimaverordnung») beachten. Gemäss Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 der Klimaverordnung ist eine Gesellschaft vermutungsweise der Berichterstattung über Klimabelange (als ein weiterer Bestandteil der Umweltbelange nach Art. 964b Abs. 1 OR) nachgekommen, wenn sich die Gesellschaft bei der Berichterstattung über die Klimabelange an den Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (kurz «TCFD») orientiert. Die TCFD war eine internationale Expertenkommission bestehend aus Vertretern führender, internationaler Unternehmen, die Empfehlungen für eine einheitlichere Klimaberichterstattung veröffentlicht hat. Wenngleich sich die TCFD selbst zwischenzeitlich aufgelöst hat, bestehen deren Empfehlungen weiterhin und sind international anerkannt. Aufgrund des Verweises auf die Empfehlungen der TCFD in der Klimaverordnung sind Schweizer Gesellschaften gut beraten, ihre Berichterstattung im Bereich der Klimabelange, wenn sie sich an einem anderen Standard (wie beispielsweise GRI) orientieren, mit den Empfehlungen der TCFD abzugleichen.

(ii) Sozialbelange

Unter Sozialbelangen sind beispielsweise Ausführungen über Massnahmen zum Schutz der verschiedenen Anspruchsgruppen der Gesellschaft (wie Lieferanten, Medien aber auch lokale Gemeinschaften etc.) zu verstehen. Weiter sollen sich die Sozialbelange zur Kommunikation bzw. zum sozialen Dialog der berichterstattungspflichtigen Gesellschaft mit den einzelnen Anspruchsgruppen äussern. Hier können sich Unternehmen grundsätzlich ebenfalls an der CSRD oder den ESRS orientieren, wobei die Sozialbelange in der CSRD terminologisch als Sozialfaktoren bezeichnet werden und sich Unternehmen gemäss CSRD beispielsweise zu Gleichstellungsfragen, Nichtdiskriminierung sowie Vielfalt und Inklusion äussern sollten.

(iii) Arbeitnehmerbelange

Bei den Arbeitnehmerbelangen ist zu empfehlen, dass sich berichterstattungspflichtige Gesellschaften namentlich zu denjenigen Themen äussern, die durch die Kernübereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (kurz «IAO») vorgegeben werden. Hierzu zählen unter anderem die Arbeitsbedingungen, der Schutz der Gesundheit, die Sicherheit am Arbeitsplatz und die Geschlechtergleichstellung. Der Übergang zu den Sozialbelangen bzw. zur Achtung der Menschenrechte ist oft fliessend, und diese können daher aufgrund der thematischen Überschneidung gegebenenfalls auch gemeinsam im Bericht behandelt werden

(iv) Achtung der Menschenrechte

Hier sollte sich die Nachhaltigkeitsberichterstattung inhaltlich an den für die Schweiz verbindlichen internationalen Übereinkommen zu den Menschenrechten orientieren (insb. am UNO-Pakt I, am UNO-Pakt II, am Internationalen Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, am Übereinkommen über die Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, am Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, am Übereinkommen über die Rechte des Kindes, am Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, am Internationalen Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen sowie am Kernübereinkommen der IAO).

(v) Korruptionsbekämpfung

Hierbei haben sich die berichterstattungspflichtigen Gesellschaften primär über die Massnahmen zur Bekämpfung und Verhinderung von aktiver und passiver Bestechung (siehe dazu Art. 322ter ff. StGB; insbesondere Bestechung von Privatpersonen oder Amtsträgern sowie der Vorteilsgewährung von Amtsträgern) im Rahmen ihrer Tätigkeit zu äussern, und zu deren Implementierung.

Aufbau und Strukturierung des nichtfinanziellen Berichts

Der Gesetzgeber gibt keine Vorgaben zur Strukturierung bzw. zum konkreten Aufbau des nichtfinanziellen Berichts. In der Praxis hat sich bis anhin noch keine «best practice» (wie dies beispielsweise beim Corporate Governance-Bericht der Fall ist) durchgesetzt. Grundsätzlich ist zu empfehlen, sich bezüglich der Struktur an bereits publizierten Berichten (dies jedoch mit der gebotenen Vorsicht) sowie den jeweils verwendeten Standards (wie ESRS, GRI) zu orientieren.

Ebenfalls eine gewisse Hilfestellung beim Aufbau des Berichts gibt Art. 964b Abs. 2 OR, der festlegt, dass der Bericht über nichtfinanzielle Belange insbesondere folgende Punkte beinhalten muss:

  • Eine Beschreibung des Geschäftsmodells, wobei der Fokus auf die Funktionsweise des Geschäftsmodells bzw. auf die Art und Weise, wie ein Unternehmen seine Gewinne erwirtschaftet, gelegt werden sollte;
  • Eine Beschreibung der wesentlichen Risiken im Zusammenhang mit den Belangen gemäss Absatz 1 (d.h. mit den Umweltbelangen, den Sozialbelangen etc.) sowie der Handhabung dieser Risiken durch das Unternehmen, wobei Risiken als massgebend zu betrachten sind, wenn sie sich:
    1. aus der eigenen Geschäftstätigkeit des Unternehmens ergeben; und
    2. aus den Geschäftsbeziehungen, den Erzeugnissen oder den Dienstleistungen des Unternehmens resultieren, sofern relevant und verhältnismässig;
  • Eine Beschreibung der in Bezug auf die Belange gemäss Absatz 1 (d.h. auf die Umweltbelange, die Sozialbelange etc.) «verfolgten Konzepte», einschliesslich der angewandten Sorgfaltsprüfung. Unter den «verfolgten Konzepten» sind primär Strategien zu verstehen, aus denen sich ergibt, welche Ansätze das Unternehmen betreffend die Eruierung von Risiken in Bezug auf nichtfinanzielle Belange verfolgt. Aus dem Bericht sollte zudem hervorgehen, wie die Erreichung der (kurz-, mittel- oder langfristig) verfolgten Ziele hinsichtlich der nichtfinanziellen Belange gemäss Art. 964b Abs. 1 OR gemessen werden soll. Die angewandte Sorgfaltsprüfung bezieht sich darauf, dass Unternehmen ihren Due Diligence-Prozess zwecks Eruierung und Verhinderung von potentiellen Risiken in Bezug auf nichtfinanzielle Belange beschreiben und darlegen sollen;
  • Eine Darstellung der zur Umsetzung der «verfolgten Konzepte» ergriffenen Massnahmen sowie eine Bewertung der Wirksamkeit dieser Massnamen, wobei die Massnahmen entsprechend zu beschreiben und (sofern sinnvoll beispielsweise mittels KPIs) zu messen sind;
  • Die für die Unternehmenstätigkeit wesentlichen Leistungsindikatoren in Bezug auf die Belange gemäss Absatz 1 (d.h. auf die Umweltbelange, die Sozialbelange etc.), wie beispielsweise Angaben zu Treibhausgasemissionen, zum Wasserverbrauch, zur Nutzung von erneuerbaren und nichterneuerbaren Energien etc.

Es gilt zu beachten, dass Art. 964b Abs. 1 und 2 OR nur den Mindestinhalt der nichtfinanziellen Berichterstattung vorgeben. Es steht den Unternehmen selbstverständlich frei, auch weiterführende Angaben zu machen.

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Footnotes

1. Aktuell umfassen die ESRS zwei übergreifende Standards, mit allgemeinen bzw. themenübergreifenden Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung, und zehn thematische Standards in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance. Sofern ein bestimmter thematischer Standard für die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens nicht wesentlich ist, kann dieser im Bericht weggelassen werden. Dies gilt jedoch nicht für die beiden übergreifenden Standards, die zwingend für alle Unternehmen verbindlich sind.

2. Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass sich diverse börsenkotierte Gesellschaften in der Schweiz bereits in Übereinstimmung mit Art. 9 der Richtlinie betr. Informationen zur Corporate Governance gegenüber der SIX Exchange Regulation dazu verpflichtet haben, einen Nachhaltigkeitsbericht gemäss einem international anerkannten Standard zu erstellen. Diese Gesellschaften orientieren sich zurzeit ausschliesslich an der GRI, wobei die ESRS neu per 1. Januar 2024 in die Liste der international anerkannten Standards der SIX Exchange Regulation aufgenommen wurden.

Originally published 15.03.2024.

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